Heute möchte ich Ihnen wieder einmal ein neues Lenormand Kartendeck vorstellen, das Burning Serpent Oracle von Robert M. Place und Rachel Pollack, erschienen im Königsfurt-Urania Verlag. Genau genommen ist dieses Kartendeck eine Weiterentwicklung der klassischen Lenormand Karten und enthält einige zum Teil gravierende Abweichungen, die eine neue Herangehensweise an die traditionelle Symbolik des Lenormand erfordert. Dieses Kartendeck ist nichts für Traditionalisten, aber wenn man neuen Sichtweisen offen gegenüber steht, lohnt sich ein Blick auf diese wundervoll gestalteten und gut durchdachten Karten in jedem Fall.
Jede einzelne Karte enthält eine grafische Darstellung des jeweiligen Symbols, die Nummer der Karte und einen Vermerk zum jeweils zugeordneten Spielkartensymbol. Wer in seinen Deutungen gerne mit den Spielkarten arbeitet, wird von dieser rudimentären Darstellung sicher nicht begeistert sein, aber für alle anderen ergibt sich daraus der Vorteil, dass das eigentliche Lenormand Symbol einen größeren Platz einnehmen kann.
Genutzt wird dieser zusätzliche Raum auch dadurch, dass jede Karte einen englischen Titel erhält, der allerdings von den klassischen Bezeichnungen in den meisten Fällen abweicht. So wird bspw. der Sarg zum „Dead Tree“, das Kreuz zum „Rusted Cross“ oder das Kind zu „Girl & Boy“. Bei Karten wie dem Herz und vielen anderen, wird hingegen die gewohnte Bezeichnung übernommen.
Aber nicht nur in den Titeln der Karten, auch in der grafischen Umsetzung der Symbole lassen sich fundamentale Änderungen gegenüber der traditionellen Darstellung finden, die auch ein Umdenken in der Deutung dieser Karten erfordern. Als Beispiel möchte ich hier einmal die Karten der Wolken und des Bären herausnehmen.
In der ursprünglichen Bedeutung stehen die Wolken für Angst, Bedrohung und Unsicherheit. Dargestellt werden sie bei den meisten Kartendecks durch eine Landschaft mit einer dunklen und bedrohlichen Wolkenformation, die eine helle und eine dunkle Seite aufweist. Im Burning Serpent Oracle wird hingegen eine Wolke vor einem sternenklaren Nachthimmel dargestellt, zusammen mit einer Kithara spielenden Muse, die aus den farblich nur sehr schwach kontrastierten Wolken empor ragt.
Die Kithara ist ein Instrument aus der griechischen Antike, das dem Gott Apollon gewidmet war, der als Gott der Künste, insbesondere der Musik und des Gesangs galt. Auch die auf der Karte dargestellte Muse ist ein Hinweis auf die Künste. Auf diese Weise wird die Karte der Wolken hier zu einem Symbol für die schönen Künste. Musik, Gesang, Dichtkunst, auch Leichtigkeit, Unbeschwertheit und Harmonie, all das lässt sich mit dieser Karte jetzt verbinden. Mit der ursprünglichen Bedeutung der Angst wird man sich allerdings nun schwer tun.
Die Angst ist ein Begriff, der sich mit diesem Kartendeck eher in der Karte des Bären finden lässt. Hier wird ein sich aufrichtendes und sehr bedrohlich dargestelltes Tier gezeichnet, das sich mit der sonst in Lenormand Kartendecks oft gewählten friedlichen Darstellung des Bären nicht deckt. Man bekommt beim Betrachten dieses Symbols hier unmittelbar ein Gefühl der Angst und Bedrohung. Assoziationen, die man in der klassischen Lenormand Deutung, wie eben dargestellt, eher den Wolken zugeschrieben hätte.
Ich denke es wird klar auf was ich mit dieser Schilderung hinaus möchte. Auch wenn es sich hier um ein Lenormand Kartendeck handelt, wird man die ursprünglichen Bedeutungen der Karten nicht in der gewohnten Weise übernehmen können. Aber wenn man sich auf diese Herausforderung einlassen möchte, dann bekommt man ein sehr aussagekräftiges Kartendeck mit einer intensiven, berührenden und gut durchdachten Bildsprache.
Zum Schluss möchte ich noch auf einige Besonderheiten hinweisen, die das Burning Serpent Oracle auszeichnen. Es gibt diverse Zusatzkarten, die dieses Kartendeck bereichern. Neben den üblichen Karten 28 und 29, also der Herr und die Dame, existiert hier auch eine Karte 28 mit dem Abbild der Dame und eine Karte 29 mit dem Abbild des Herrn. Daraus ergibt sich der Vorteil, dass man bei Ratsuchenden, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben, die Möglichkeit hat die entsprechende korrekte Darstellung in den Karten zu wählen.
Darüber hinaus gibt es noch eine Kart 37 mit dem Abbild des Osiris und eine 38 mit dem Abbild der Isis. Der Einsatz dieser Karten erfordert natürlich noch ein weiteres Umdenken gegenüber traditionellen Legesystemen, kann aber die Deutung der Karten durchaus erweitern.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch, dass viele der Karten mythologische und alchemistische Symbolik beinhalten. Wer in diesem Thema versiert ist, oder Spaß daran hat, sich darin einzuarbeiten, wird am Burning Serpent Oracle viel Freude haben und tief gehende Verbindungen finden, die in anderen Kartendecks so nicht existieren.
Abschließend sei gesagt, dass ich von diesem Kartendeck wirklich begeistert bin. Es kann die eigene Deutungspraxis bereichern, aber man muss wissen worauf man sich einlässt und die entsprechenden Anpassungen vornehmen. Wer die traditionelle Herangehensweise der Lenormand Deutung auf diese Karten anwendet, wird enttäuscht sein.
Bezogen werden können die Karten z.B. bei Amazon.de:
Burning Serpent Oracle, Robert M. Place und Rachel Pollack, Königsfurt-Urania Verlag*
Eine Übersicht verschiedener Kartendecks finden Sie hier: Lenormand Kartendecks.
Bildernachweis
Burning Serpent Oracle, Koenigsfurt-Urania Verlag, www.koenigsfurt-urania.com, Copyright Robert M. Place und Rachel Pollack.
(* = Affiliate Link)